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Flachmann

Hintergrund

Mit «Flachmann» bedient sich Philipp Bürge der Pygmalion-Thematik. Im Gegensatz zu Ovids Schilderung geht der Erwartungsimpuls allerdings nicht vom Künstler aus. Dieser wird vielmehr überrascht, als seine Figur unvermittelt zum Leben erwacht. Und an die Stelle der Liebesbeziehung wie in der griechischen Vorlage tritt ein Zwist zwischen Figur und Schöpfer. Die Weigerung der Figur, nur ein willenloses, fremd gesteuertes Geschöpf zu sein, steht im ersten Akt im Vordergrund.

Dass sich die Figur bald als Abbild des Zeichners entpuppt, macht klar, dass sie im Kern auch seine Eigenschaften aufweist. Dies erinnert zum einen an die biblische Entstehungsgeschichte, in der Gott die Menschen nach seinem Vorbild schuf. Andererseits veranschaulicht es, dass der Kampf des Künstlers vor allem ein innerer ist. Er wird erbittert geführt (Verfolgung, Festkleben und erneute Befreiung) und bleibt solange unentschieden, bis die Beiden eine Kompromisslösung finden. Figur wie Künstler können ihren Willen durchsetzen, geben dabei aber dem anderen auch nach, ohne ihr Gesicht zu verlieren.

Bis hierhin sind die Ebenen scheinbar klar, die Rollen mit ihren Positionen ebenso. Doch im letzten Akt wird die Geschichte um eine Ebene erweitert, indem das (bisher verborgene) Über-Ich dem Künstler auf die Schultern tippt. Damit wird offenbart, dass auch Letzterer eine Kreation eines Anderen ist; der Schöpfer ist also selber ein fremd gesteuertes Wesen. Und mit dem Öffnen der nächsten Ebene – Filmset und Crew – projiziert sich die Frage auch auf den Betrachter des Films. Die abschliessende Handlung, als das Standbild von einer Hand als Blattpapier in eine Mappe gelegt wird, macht klar, dass sich über jeder Ebene eine weitere verbergen kann. Ein endloses Spiel, in dem das Individuum ohnmächtig dem Willen seiner übergelagerten Ebene ausgeliefert ist.

Motivation
Wir leben in einer Gesellschaft, die geprägt ist von Selbstdarstellung, Selbstinszenierung und Individualismus. Authentizität und Originalität sind das A und O der heutigen Zeit (jedenfalls in unseren Breitengraden). Jeder ist Schöpfer und kreiert «seine Figur» nach seinem Gusto. Dabei merken wir nicht, wie wir vielleicht selber (zum Beispiel durch Medien, Werbung und geschicktes Marketing oder durch Heilsversprechen religiöser Kreise) beeinflusst und gesteuert werden. Der Film wirft demnach die Frage auf, ob wir wirklich so frei und unabhängig sind, wie wir glauben.

Form und Gestaltung
Das wechselnde Spiel mit offensichtlich zweidimensionalen (gezeichneten) Papierfiguren, mit ausgeschnittenen fotografischen Figuren und mit dem «dreidimensionalen», «echten» Darsteller unterstreicht die verschiedenen Realitätsebenen. Aber auch hier lösen sich die anfänglich klar zuordenbaren Dimensionalitäten (Künstler und Atelier = echt, dreidimensional / Figur = flach, zweidimesional) im Verlauf des Films auf und werden genauso relativ wie die Begriffe «Gross» und «Klein».

 

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